Quantcast
Channel: Kommentare zu: Die Ohrfeige
Viewing all articles
Browse latest Browse all 34

Von: Dr. A. Holberg

0
0

Endlich mal ein sinnvoller Diskussionsansatz. Selbstredend muss unterschieden werden zwischen dem, was gerecht ist, und dem was in überschaubarer Zeit als realisierbar erscheint.
1. Die Palästinenser haben natürlich das Recht, einen Teilstaat in den 1967 von Israel eroberten Gebieten zu gründen.
2. Ein solcher Teilstaat, wenn er denn mehr sein soll als eine Reservat, hat inzwischen längst keine objektive Grundlage mehr. Die Politik der Besatzungsmacht seit 1967 war und ist ja genau darauf ausgerichtet.
3. Ich trete in der Tat für ein einheitliches säkulares und demokratisches Palästina (oder von mir aus auch: Israel) ein, d.h. für einen Staat, in dem alle Einwohner gleiche Rechte haben. Zu behaupten, das sei z.B. im heutigen Israel der Fall, wäre lachhaft.
4. Die Voraussetzungen für die Realisierung eines solchen Projektes sind bisher unverändert schlecht; wahrscheinlich sind sie sogar schlechter als je zuvor, aber sie sind zumindest nicht schlechter als die Chancen auf eine Zweistaaten-Lösung.
5. zu den Voraussetzungen gehört, dass sich das Kräfteverhältnis in der Region grundlegend ändert. Auf sich gestellt haben die Palästinenser keine Kraft, entweder das eine oder das andere Projekt zu realisieren. Zumindest der linksnationalistische Flügel der PLO wusste das einst auch und hat – in Gestalt etwa der PFLP – deshalb einst die strategische Parole ausgegeben “Die Befreiung Jerusalems geht über Amman”. Die Vereinigung möglichst großer Teile der arabischen Welt setzt die Beseitigung der herrschenden Regime voraus, die Erben der Kolonialherrschaft und Widerspiegelung der ökonomischen und kulturellen Rückständigkeit dort sind.
6. Diese Einheit der arabischen Welt kann nicht durch islamistische Kräfte bewerkstelligt werden, die ihrerseits Ausdruck der Rückständigkeit sind, die der heutigen Schwäche der Region zugrundeliegt. Das Wachstum diese Kräfte ist natürlich wesentlich Ergebnis der Politik sogenannter fortschrittlicher Kräfte in der Region (arabisch-nationalistische, stalinistische Linkskräfte), ihrer Unfähigkeit ihre einst von den arabischen Massen mit Begeisterung aufgenommenen Versprechen zu realisieren.
7. So gesehen braucht sich also niemand davor zu fürchten, dass es einen gemeinsamen (nicht-zionistischen) Staat geben könnte, in dem die bisherige Unterdrückung einfach umgekehrt würde. Hamas und andere Sektionen der Muslimbruderschaft oder gar die verschiedenen jihadistischen und takfiristischen Gruppen sind Ausdruck der Krise, nicht ihre Lösung.
8. Der “Kampf gegen den Zionismus” ist in diesem Sinn auch eher ein ideologischer Kampf hierzulande gegen prozionistische Kräfte, die den stets unverzichtbaren Kampf gegen den “Antisemitismus” dadurch torpedieren, dass sie diesen an die Verteidigung des zionistischen Unrechts gegenüber den Palästinensern binden.
9. Ich liebe zwar nicht “die” Menschen in Israel speziell, aber respektiere sie doch soweit, dass ich nicht möchte, dass sie von irgendwem in ihrer Entfaltung behindert werden – es sei denn, es handele sich um Menschen, die darauf bestehen, genau das gegenüber anderen Menschen zu tun. Sie werden kaum leugnen wollen, dass es solche auch in Israel massenhaft gibt, offenbar sogar in wachsender Zahl wie z.B. die offen rassistischen (antiarabischen) Ausfälle der jüngeren Zeit und das Hinwegschmelzen des sogenannten Friedenslagers gezeigt haben. Also:diese Leute “liebe” ich ebensowenig wie irgendwelche anderen religiösen (oder überhaupt) Fanatiker und Antisemiten (nochmal: nicht zu verwechseln mit Antizionisten, wenngleich natürlich subjektive Antizionisten aus Antisemiten sein können).
Zusamenfassend: es gibt z.Z. keine Aussicht auf eine gerechte Lösung des Problems, aber das kann nicht bedeuten, dass man gegenüber die Ungerechtigkeit (und Gefährlichkeit) der Situation Augen und Mund schließt.


Viewing all articles
Browse latest Browse all 34

Latest Images

Trending Articles





Latest Images